De-archiviert den Krieg! Di, 07.06.2022
Archive werden errichtet und befüllt, um die Vergangenheit zu dokumentieren und die Zukunft zu codieren. Archive sind Säulen der Erinnerungskultur, die sich gerade in Kriegszeiten mit moralischem Gestus als unhinterfragbares Aufzeichnungsregime gebärdet. Wir zeichnen auf, wir dokumentieren, wir archivieren, also sind und werden wir, laut landläufigem Verständnis.

Aus dieser Verderben bringenden Geschichtsbegründungs- und codierungsnotdurft auszubrechen, dem Tod dokumentierenden Phantom Archiv entgegenzutreten, ist das Gebot der Stunde. Wir leben heute in einer digitalen Dauergegenwart, in der alles aufbewahrt wird, um sich an nichts zu erinnern. Wir speichern, um zu vergessen. Und sagen dazu: Niemals vergessen!

Um diesen blinden Fleck des jahrhundertelangen aufklärerischen, emanzipatorischen Kampfes aufzuzeigen (und damit als Kunstinstanz auszubaden, was die Erinnerungs-Politik verabsäumt), zieht die Agentur für Unabkömmlichkeitsbegründungenfolgenden Schluß:

Das Verschwindenlassen von Kriegs-Bildern und -Berichten aus den Archiven arbeitet gegen das Vergessen. Exemplifiziert wird das am Archiv der 2014 in Wien gegründeten Galizischen Botschaft, die exzessiv Material über die Kämpfe auf dem Majdan, den Krieg auf der Krim und im Donbas gesammelt hat. Das Verschwinden wird zur profundesten Form des Erscheinens, im Sinne der paradoxen Aussage Abwesend bei Anwesenheitspflicht, anwesend bei Abwesenheitspflicht (Marianne Fritz), es wird zur Aufhebekunst.

PR (Kerstin)