N. Mazur: Aktuelles aus der Provenienzforschung Sa, 21.01.2023
Provenienzforschung liegt inzwischen vielen am Herzen, ohne dass ihre große Bedeutung wirklich gesehen wird. Deshalb biete ich hier einen kleinen Bericht an. Denn häufig wird Provenienzforschung nur im Blick auf Entziehung von Kunstwerken in der Nazi-Zeit verstanden. Wenn man nun beispielsweise die parallele Situation bei Büchern betrachtet, ist es viel verständlicher, dass diese ihre Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte haben. Bei Kunstwerken hat die Provenienzforschung mit ihrer Feststellung von Kaufnachweisen, Signaturen von Vor- besitzern, online- Recherchen u.ä. immer die zentrale Frage zu untersuchen und zu beantworten: Wer ist der rechtmäßige Beitzer des Werkes? Dabei ist dieses Problem nur im Sinn des demokratischen Staates der Gegenwart zu lösen, also beispielsweise ob (Ver)Käufe als rechtlich gültig anzusehen sind oder unter Druck erfolgte Scheinhandlungen sind. In Österreich regelt ein Bundesgesetz von 1998 die Rückgabe von Gegenständen der Kunst - im gleichen Jahr wie die berühmte und Washingtoner Erklärung. Stufen der Bearbeitung sind dabei häufig "grün": vollständig untersucht, ohne Verdacht, "gelb": soweit möglich untersucht, ohne Verdachtsmomente, "orange": Untersuchung war nur lückenweise möglich, dabei ergaben sich keine Verdachtsmomente.

Im Kunstforum Ostdeutschen Gallerie stellen nun Werke von Lovis Corinth (1858-1925) passende Beispiele für die gesamte Fragestellung dar. Denn der Künstler schuf in seiner frühen Schaffensperiode Werke, die durchaus als NS-konform anzusehen sind, während andererseits Werke des Künstlers in der NS-Ausstellung "Entartete Kunst" (1937, München) gezeigt wurden. Die Ostdeutsche Galerie hat- wie auch viele andere Sammlungen - die Provenienzforschung aufgenommen. Seit 2018 ist hier auf Projektbasis die Forscherin N. Mazur tätig, die im Rahmen ihrer Arbeit schon mehrere hundert Werke des Bestandes untersucht hat, ohne dabei auf unklare Besitzverhältnisse zu stoßen - erfreulicherweise.