PETER BALDINGER. Sale! Tue, 07.07.2022
'Sale!', der Kampfruf des Handels, der von der saisonalen Erscheinung längst zur permanenten Verführungsformel geworden ist, führt uns in die Irre. Während die bunten Schaufenster suggerieren, wir würden besonders günstig zu Erwünschtem kommen, zahlt die Gesellschaft in Wirklichkeit einen hohen Preis für unerwünschte Nebenwirkungen von Müllbergen, über die Klimakatastrophe bis zur Kinderarbeit.
Und 'Sale!' als Ausstellungstitel für eine Serie von Peter Baldingers 'low_resolution_paintings' ist doppelt irreführend: hier ist gar nichts günstig zu haben. Es handelt sich um Arbeiten, denen gemeinsam ist, dass sie sich mit schnellem Konsum auseinandersetzen, wobei der Künstler deutlich macht, dass sich die Geschwindigkeit meist zu Ungunsten der Qualität auswirkt. Und sei es bei der Verfügbarkeit von Bildern via Internet. Wie in den Schaufenstern lohnt also ein zweiter Blick, ehe man urteilt, was einem da gezeigt wird.

Und dieser zweite Blick ist auch unbedingt notwendig, denn entgegen dem marktschreierischen Titel sind die großteils in jüngster Zeit entstandenen Arbeiten gar nicht laut und aufdringlich. Vielmehr überfordert uns jedes einzelne Werk, zumindest bei für Tafelbilder gewohntem Betrachtungsabstand, denn es scheint uns nichts zu sagen zu haben. Ohne erkennbare Systematik und scheinbar grundlos Zeile für Zeile aneinander gereihte Farbquadrate ergeben kein Bild, zumindest nicht im Sinne von Abbild. Im Gegensatz zu den Serien, in welchen Peter Baldinger Interpretationen nach repräsentativen Bildern alter Meister wie Tizian, Tintoretto, Velazquez oder Goya verpixelte, die oft Figurengruppen bzw. Ereignisse darstellen, handelt es sich bei den Sujets von Sale! meist um ausgesprochen kleine Gegenstände, die sich in der Auflösung vermittels besonders grober Rasterung nicht schnell zu erkennen geben.
Bildtitel wie 'High Heel' oder 'Burberry' führen schließlich die Betrachter:innen auf die Fährte, die in Richtung Konsum, Markenwelt und Dinge des Begehrens weist. Nicht näher zu treten, wie am Wühltisch, macht es aber hier möglich, die Ware zu prüfen, nur gebührender Abstand ermöglicht ein Erkennen.

Der Titel 'Sale!' lässt uns unmittelbar an Pop Art denken, deren Maxime es war entgegen den Tendenzen der Abstraktion klar umrissene Gegenstände darzustellen, und dies eben oftmals auch mit Bezügen zur Konsum- und Medienwelt. Das genaue Gegenteil ist jedoch in Baldingers Arbeiten der Fall. Er unterstreicht die grobe Auflösung zusätzlich durch grobe Technik: zwar entlehnt Baldinger für seine 'low_resolution_paintings' die Methode Bilder in Pixel aufzulösen aus dem Computing, wo sie dazu dient, Bildinhalte elektronisch übertragen zu können, jedoch konterkariert er digitale Exaktheit mit malerischen Akzenten. Seine Pixel sind nicht akkurat ausgeführt, sein Pinsel bemüht sich weder, die einzelnen Flächen monochrom, noch bis zum Rand einzufärben, zwischen ihnen blitzt die Vorzeichnung des Rasters durch. Der Pinselstrich bleibt erkennbar, mal ist ein Pixel pastos, mal in Lavierung ausgeführt.